Durch den Einsatz der CAQ-Software hat das Daimler-Werk Düsseldorf seine Verschraubungsprozesse noch sicherer gemacht – Schraubverbindungen der A- und B-Kategorie nach VDI 2862 werden regelmäßig geprüft.
Qualität Im Werk Düsseldorf von Daimler wird seit über 50 Jahren automobile Geschichte geschrieben. Es zählt zu den modernsten Werken der Welt und ist die zentrale Produktionsstätte für Transporter – mehr als 3,5 Millionen Transporter wurden hier bereits gebaut. Seit 1994 wird in Düsseldorf der Sprinter gefertigt. Oberstes Ziel ist es für die 6.600 Mitarbeiter vor Ort, Fahrzeuge in bester Qualität, mit optimaler Leistung und hoher Wirtschaftlichkeit zu produzieren. Dafür wird die neueste Komfort- und Sicherheitstechnik eingesetzt.
Mit der Einführung der Software QS-Torque im August 2012 wurde pünktlich zum 50-jährigen Jubiläum des Werks die Qualitätssicherung bei der Produktion von Sprintern ausgebaut und auf ein neues Niveau gehoben. Die zentrale CAQ-Lösung aus dem Hause CSP GmbH & Co. KG ermöglicht es, die Verbindung von Bauteilen zuverlässig zu beurteilen. Messwerte aus Prozessen, Maschinen und Werkzeugen können mit QS-Torque statistisch ausgewertet werden. Im Düsseldorfer Daimler-Werk steht besonders die Verschraubung im Fokus. Die Entscheidung für QS-Torque fiel den Verantwortlichen leicht, da die Lösung bereits als Standard in vielen Daimler-Werken zur Sicherung der Bauteilverbindungen im Einsatz war. Ein Referenzbesuch im PKW-Werk in Sindelfingen überzeugte das Düsseldorfer Projektteam von der Leistungsfähigkeit und den Möglichkeiten der Software. Wie auch in anderen Industriebetrieben müssen bei Daimler nicht nur aufgrund der eigenen Qualitätsansprüche sehr hohe Standards erfüllt werden.
Selbstverständlich sind auch allgemeingültige Branchen-Richtlinien einzuhalten und zuverlässig zu dokumentieren. Hierzu zählt insbesondere eine VDI-Richtlinie für die Automobilindustrie, welche die Anforderungen an Schraubverbindungen vorgibt. Die Richtlinie 2862 unterteilt die Schraubfälle im Fahrzeugbau in drei Risikoklassen und definiert hierfür, wie das verwendete Schraubsystem jeweils mindestens beschaffen sein soll. Hiernach fallen in die Risikoklasse A alle sicherheitskritischen Schraubverbindungen, bei deren Ausfall Gefahr für Leib und Leben besteht – etwa wenn das Rad abfällt.
Zur Risikoklasse B gehören die funktionskritischen Schrauben. Erfolgt hier die Verschraubung nicht ordnungsgemäß, könnte das Auto liegenbleiben – ohne dass es für die Insassen gefährlich wird. Unter die Kategorie C fallen schließlich die noch weniger kritischen Schraubverbindungen, die bei Ausfall lediglich zur Verärgerung des Kunden führen, aber nicht die Funktion des Fahrzeugs beeinträchtigen.
Restdrehmoment innerhalb der Toleranzgrenzen?
Im Düsseldorfer Daimler-Werk sichert QS-Torque die Sicherheitskategorien A und B ab. Werktags wird hier rund um die Uhr im Drei-Schicht-Betrieb gearbeitet. Täglich laufen 700 Transporter vom Band. Die Stichproben-Kontrollen der Verschraubungen erfolgt sehr engmaschig: Bei einer definierten Fahrzeuganzahl je Schicht werden die Verschraubungen jeweils in Abhängigkeit von den eingesetzten Werkzeugen mithilfe von QS-Torque überprüft. Im Zuge dieser Prüfung lässt sich feststellen, ob das gemessene Restdrehmoment innerhalb der definierten Toleranzgrenzen liegt. Die Werte werden aufgrund aufwändiger Berechnungen von 50 Einzelwerten sehr sorgfältig festgelegt. Unter anderem wird dabei berücksichtigt, dass bestimmte Bauteile und Materialien wie Bleche und Lacke sich bei Verschraubungen unterschiedlich verhalten. Als Prüfgeräte kommen hochwertigste elektronische Prüfschlüssel zum Einsatz.
Um die Qualität der Verschraubungen zu überprüfen, werden die Schraubfälle zunächst in Routenplänen zusammengefasst und strukturiert. So werden Verschraubungen an der Vorderachse und an der Hinterachse eines Fahrzeugs unterschieden. Die Schraubfälle für den jeweiligen Messbereich werden immer aktuell von der zentralen QS-Torque-Datenbank als Route auf den elektronischen Schlüssel geladen. Bei jedem zu prüfenden Fahrzeug wird die jeweilige Fahrzeugnummer als Strichcode vom Kotflügel gescannt und dann die entsprechenden Ist- und Sollwerte hierzu gespeichert. Entlang der Linie arbeitet der Prüfer nun die Schraubfälle ab und spielt die Ergebnisdaten der Schraubverbindungen an QS-Torque zurück. Ziel ist es, IO-Werte zu erhalten, die durch ein grünes Lichtsymbol visualisiert werden. Für den Fall, dass eine Verschraubung nicht „in Ordnung“ war, wird der Fall an einen Meister gemeldet und die Bauteile müssen neu verschraubt beziehungsweise Schrauben nachgezogen werden. Zudem ist zu prüfen: War die NIO-Verschraubung ein Einzelfall? Oder kommt es häufiger vor? Die Mitarbeiter der Qualitätssicherung müssen in solchen Fällen recherchieren, ob zum Beispiel Lack oder Öl den Vorgang der Verschraubung beeinflusst.
Mit dem Kurvenmodul der Software können die Anwender zudem sämtliche Kurvendaten, die auf der Basis einer Verschraubung gemessen und zu den einzelnen Prozessprüfungen gespeichert werden, grafisch auswerten und analysieren. Damit wird der gesamte Verschraubungsprozess höchst transparent. Sollten sich generelle Probleme oder Tendenzen im Prozess abzeichnen, lassen sich entsprechende Maßnahmen schnell ergreifen.
Nachweiserbringung für Audits & Co.
Ein zusätzlicher Nutzen von QS-Torque: Mit der Software kann auch im Rahmen von Audits der Nachweis über einen stabilen Prozess zuverlässig erbracht werden, da die Lösung jegliche Messwerte dokumentiert und zentral speichert. Wird etwa ein Prozess überprüft, ist die ordnungsgemäße Verschraubung auf Knopfdruck belegbar. QS-Torque verwaltet sämtliche Stammdaten, die für die Durchführung von Prozessprüfung bis zur Speicherung der Prüfergebnisse verwaltet und aufgerufen werden können. Über zusätzliche Module lassen sich im Werk Düsseldorf auch die Stammdaten aus anderen Systemen in die Datenbank der Software importieren.
Die Software unterstützt die unterschiedlichsten Aufgabenbereiche in der Qualitätssicherung des Düsseldorfer Werkes von der Planung bis hin zur Prüfverwaltung. Insgesamt sind es im Werk Düsseldorf mehr als 110 Mitarbeiter, die mit der Software arbeiten. Die Montageplaner etwa pflegen die neuesten Schraubfälle in die Lösung ein. Die Prüfer laden diese Daten aus der Software auf ihren elektronischen Schlüssel und spielen die Daten der Schraubfälle zurück. Auch ergänzende Notizen bei NIO-Werten wie „bin abgerutscht“ werden von den Prüfern in QS-Torque erfasst. Die Prüfmittelverwalter wiederum pflegen die einzelnen Daten für die Stichprobenprüfung ein, hinterlegen Prüfdaten, Seriennummern und weitere Daten. Außerdem werten sie die Schraubkurven aus. Auch die Kollegen der Prüfverwaltung werden von QS-Torque unterstützt. Diese generieren aus der Datenbank Wochenberichte unter anderem zu Maßnahmen, Kurvenauswertungen und der Qualität der Prüfungen.
Line-Runner prüfen 200 Schraubfälle pro Schicht
Nach der Einführung in 2012 und entsprechenden Schulungen begann eine Pilotphase, in der die Stichprobenkontrollen der Schraubfälle von Gruppensprechern je Schicht vorgenommen wurden. Im Sommer 2013 wurde auf ein Konzept mit Line-Runnern umgestellt. Dadurch werden lediglich ein Mitarbeiter pro Schicht sowie eine Vertretung für die Prüfung der Verschraubungen benötigt. Von Vorteil ist zudem, dass diese spezialisierten Mitarbeiter dann im Umgang mit Prüfschlüsseln und in der Beurteilung der Daten sehr viel geübter sind und nicht unter Zeitdruck stehen. Jeder Line-Runner prüft dann in seiner Schicht etwa 200 Schraubfälle.
Die Zusammenarbeit mit dem Hersteller CSP bei der Einführung von QS-Torque beurteilt Michael Kostka, Planer Montageplanung bei Daimler in Düsseldorf, sehr positiv: „Bei jeglichen Fragen und Problemen konnten die Spezialisten für Prozessdaten und Bauteilverbindungen schnell weiterhelfen. Unsere Mitarbeiter wurden in Schulungen mit der Software vertraut gemacht. Insgesamt konnte durch QS-Torque der Verschraubungsprozess bei den Transportern noch sicherer gemacht werden. Im Nutzfahrzeug-Segment wurden aufgrund der guten Erfahrungen nun auch noch weitere Werke mit der Lösung ausgestattet.“
CSP hat QS-Torque seitdem in allen PKW- und VAN-Werken von Daimler weltweit installiert. An einigen Standorten, wie zum Beispiel im Werk Bremen, ist die Software sogar schon mehr als zwölf Jahre im Einsatz. Weitere Werke sind im Laufe der Jahre hinzugekommen: Hierzu gehört zum Beispiel auch ein Werk in Peking, welches seit November 2012 ebenfalls Bauteilverbindungen mit QS-Torque absichert.
Anwenderprofil Daimler, Werk Düsseldorf:
Qualität im Zeichen des Sterns: Im Werk Düsseldorf werden täglich mehr als 700 Transporter im Drei-Schicht-Betrieb produziert. Den Beginn der Automobilproduktion am Standort markiert das Jahr 1950, damals wurden hier noch PKWs gebaut. Seit 1962 konzentriert sich die Produktion auf Transporter. Alle geschlossenen Modelle für Europa und Nordamerika werden hier gebaut. Ein neues Sprinter-Modell mit herausragenden Merkmalen wie Seitenwind-Assistent und Bremsweg-Warner wurde gerade erst angekündigt. Mit rund 6.600 Mitarbeitern und 200 Auszubildenden ist das Werk zweitgrößter industrieller Arbeitgeber der Rheinmetropole. In Summe erstreckt sich das Werk auf einer Fläche von 688.000 Quadratmetern – dies entspricht etwa 1.100 Fußballfeldern.